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LAB OF THE SELF CHOSEN

Ein Thinktank für Queerwisdom versammelt sich. Drei Tage lang arbeiten eingeladene Expert*innen der Darstellenden Künste aus Theorie und Praxis zusammen. Sie tauschen sich in Performance, Philosophie und Aktivismus über vergangene, gegenwärtige und zukünftige Bilder von Transness und Nicht-Binarität aus. Die kritische Auseinandersetzung richtet sich unter anderem auf die stigmatisierenden und diskriminierenden Fremdzuschreibungen erstarkender rechter Gruppierungen, die Transness und Nicht-Binarität als Feindbild missbrauchen. Am Samstag, den 25.01.2025 öffnete sich das Labor. Das Publikum war eingeladen, die unterschiedlichen Erfahrungshintergründe mit dem Themenkomplex in einem Künstler*innengespräch zu erweitern.

In persönlichen und künstlerischen Reflexionen geben die Expert*innen einen Einblick über ihre Erfahrung im Rahmen des LAB OF THE SELF CHOSEN:

Trans bodies should not become legible within the system of gender that was constructed around their exclusion. Jack Halberstam.  Trans* after trans -Key Note im  Rahmen von Liminalities, 25.1.25, Kampnagel

Parasitism is foremost a politics of disidentification. Anna Watkins Fisher. The Play in the Game, The Art of Parasitical Resistance.

 

Welche Herausforderungen erleben gerade marginalisierte Minderheiten wie trans und nicht binäre Menschen in einer Gesellschaft, die nach rechts rückt und in der transfeindliche Diskursen herrschen?, Welche Strategien sind möglich, um Widerstand zu leisten ? Welche ästhetische und künstleriche Vorbilder von Transidentität und Nicht-Binarität repräsentieren uns. Die Fragen, die wir uns, neun trans nicht-binäre Expert*innen, Aktivist*innen, Künstler*innen, am Anfang des Lab of the Self Chosen über zahlreiche Themen gestellt haben,  könnten mehrere Seiten  füllen. 

Wie in einem Labor, geleitet von René*e Reith und Renée Grothkopf, in dem geforscht, experimentiert, und interpretiert wird, haben wir in einem dreitägigen Think-tank im Rahmen des Festivals Liminalities versucht, diese Forschungsfragen aus unseren diversen Perspektiven und biographischen Erfahrungen zu antworten. 

Auf der Suche nach einer Metapher, die unsere Kondition als marginalisierte Gruppe repräsentiert, haben wir das Bild eines Parasiten ausgewählt. Allgegenwärtige Lebewesen, die ausgeschlossen aber in einer intimen Beziehung mit einem*r Wirt*in leben müssen, von der*m sie abhängen und gleichzeitig von der*m sie profitieren. Lebewesen, deren Eigenschaften wie Anpassungsfähigkeit, Resilienz, Gemeinschaftssinn und Einzigartigkeit, an die Eigenschaften und Stärken trans Menschen erinnert. Vielseitige Lebewesen, die oft ihre Identität wechseln und neu erfinden. Geschöpfe, die ständig radikale und subversive Uberlebenssstrategien entwickeln müssen, um sich von den Abwehrmechanismen ihrer Wirt*innen zu schützen. Lebewesen, die aus ihren ausgegrenzten Nischen heraus, den*die Wirt*in fernsteuern und manipulieren können, um an Ressourcen zu schmarotzen und sie umzuverteilen. Oder die Wirt*innen imitieren müssen, um sich zu tarnen. Lebewesen, die immer stigmatisiert  gelebt haben und leben werden, so lange die Wissenschaft oder die Gesellschaft sie weiter pathologisiert, ausgrenzt und versucht auszurotten. Lebewesen, die keine andere Wahl haben, als als Parasiten am Rande zu leben, aber das Potenzial haben, Grenzen zu überqueren, um ihr Zuhause zu finden. Lebewesen, die dramatischen Veränderungen in einer*m Wirt*in auslösen, Regeln brechen, ein System destabilisieren und ein Ungleichgewicht herbeiführen, um ein neues Gleichgewicht zu schaffen. Einzigartige Lebewesen, wie trans und nicht binäre Menschen, die in einem Ökosystem  und in einer Gesellschaft unerlässlich sind, um die Stabilität und die Vielfalt zu erhalten. 

Die Grenzen, die eine*n Wirt*in von den Parasiten unterscheiden, sind immer diffus und wer die Parasiten und wer die Wirt*innen sind, ändert sich nach Machthierarchien und Definitionen einer cis-weiße Mehrheit, die anderen einschließt oder auschließt. Zahlreiche Diskursen bezeichnen trans und nicht-binäre Menschen, Migrant*innen, Geflüchtete und deviante Körper als Parasiten. Daher ist relevant dem Begriff ‚Parasit‘ sich wieder anzueignen und Parasitismus als Widerstandsstrategie auszunutzen, um alte Machtstrukturen zu dekonstruieren und neue Kategorien aufzubauen, die laut Jack Halberstam nicht lesbar innerhalb des aktuellen dominanten Geschlechtsystems sind. In einer Art Wirtszelle, isoliert von der Außenwelt, zusammen mit anderen Parasit*innen, hat uns The Lab of the Self Chosen für drei Tage ermöglicht, sowohl neue Bilder von uns selbst zu gestalten, die unsere Bedürfnisse und Hoffnungen erfüllen sollen, als auch solidarische Netzwerken zu verstärken, die uns und unsere Communities unterstützen können.

Präsentation und Artist Talk: 25.01.2025 | Kampnagel Hamburg 

Künstlerische Leitung und Kuration: René*e Reith
Künstlerische Kollaboration: Renée Grothkopf
Expert*innen: Sofia Spitzenberg, Mine Pleasure Bouvar Wenzel, jJSmith, Marie-Therese Jesse, Jöelle Mesen-Ramirez, Renée Grothkopf, Didine van der Platenvlotbrug, Tubi Malcharzik

 

Gefördert durch das Bündnis internationaler Produktionshäuser aus Mitteln der Beauftragten für Kultur und Medien und der Hamburgischen Kulturstiftung.

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